GUS-Insights Teil VI: Einflussfaktoren auf Schulsportverletzungen (2)

Montag, 5. Oktober 2020

Im letzten Teil unserer Serie konnten wir für insgesamt fünf Merkmale Zusammenhänge mit Schulsportverletzungen erkennen. Demnach gehen eine höhere Risikobereitschaft, eine stärkere vereinssportliche Aktivität, positivere schulsportbezogene Selbstwirksamkeitseinstellungen, mehr Spaß am Sportunterricht und ein höheres Bedürfnis nach Bewegung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einher, eine Verletzung im Schulsport zu erleiden. Da jedoch diese fünf Merkmale untereinander zusammenhängen dürften, möchten wir heute die eigenständigen Effekte dieser Merkmale auf Schulsportverletzungen untersuchen.

Die folgende Tabelle zeigt für die Beobachtungen der 4. und 5. Erhebungswelle zunächst die sogenannte Korrelationsmatrix, in der die Zusammenhänge der fünf Merkmale berechnet wurden.

Die Tabelle zeigt durchweg positive Korrelationen, wobei die individuelle Risikobereitschaft am schwächsten und die schulsportbezogenen Selbstwirksamkeitseinstellungen am stärksten mit den übrigen vier Merkmalen zusammenhängen. Die zum Teil recht hohen Korrelationen legen in jedem Fall nahe, dass es angezeigt ist, die Einflüsse der fünf Merkmale auf Verletzungen im Schulsport simultan zu schätzen und dabei die Einflüsse der übrigen Merkmale statistisch zu kontrollieren.

Führt man eine solche Schätzung mittels logistischer Regressionsanalyse durch, so gehen auch in diesem Modell von allen fünf Merkmalen statistisch signifikante Effekte auf Schulsportverletzungen aus (siehe untenstehende Tabelle). Demnach verletzen sich risikofreudige Schüler*innen häufiger als Jugendliche, die vergleichsweise wenig risikobereit sind. Auch vereinssportlich aktive Schüler*innen weisen ein erhöhtes Verletzungsrisiko auf. Gleiches trifft auch auf Schüler*innen zu, die äußern, Spaß am Sportunterricht zu haben, und ein starkes Bedürfnis nach Bewegung aufzuweisen.

Interessant ist jedoch, dass sich der Effekt der schulsportbezogenen Selbstwirksamkeit verändert hat: konnten wir im letzten Teil unserer Serie noch erkennen, dass positivere schulsportbezogene Selbstwirksamkeitseinstellungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von Schulsportverletzungen einhergehen, so zeigt sich nun ein signifikant negativer Zusammenhang mit Schulsportverletzungen. Somit sind Jugendliche, die sich den Anforderungen des Sportunterrichts gewachsen sehen, seltener von Schulsportverletzungen betroffen. Dieser Zusammenhang erscheint inhaltlich plausibel und kommt nun erst zur Geltung, da im Rahmen des Modells der von den übrigen vier Merkmalen differente „Kern“ der schulsportbezogenen Selbstwirksamkeit zum Tragen kommt. Anders gewendet: Durch die statistische Modellierung gelingt es, jenen Einfluss des Merkmals „herauszurechnen“, den es mit den übrigen Merkmalen gemeinsam hat. Übrig bleibt daher der Effekt der schulsportbezogenen Selbstwirksamkeit, der sich ausschließlich auf die Einschätzung bezieht, die Anforderungen des Schulsportunterrichts bewältigen zu können.

Insgesamt legen die Resultate somit nahe, dass sich nicht diejenigen Schüler*innen im Sportunterricht gehäuft verletzen, die sich selten bewegen, wenig Spaß am Sportunterricht haben und dort verunsichert agieren. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: sportlich aktive Schüler*innen, die risikofreudig sind, Spaß an der Bewegung und am Sportunterricht haben und vereinssportlich aktiv sind, stellen eine besonders vulnerable Gruppe für Schulsportverletzungen dar. Zugleich aber reduziert sich die Gefahr von Schulsportverletzungen, sofern die Schüler*innen – unabhängig von ihrer Risikobereitschaft, ihrer Freude an Bewegung und am Sportunterricht und ihrer vereinssportlichen Aktivität – den Eindruck haben, den Anforderungen im Sportunterricht gewachsen zu sein.

Im letzten Teil unserer Analyse zu Einflussfaktoren auf Schulsportverletzungen werden wir uns, in der nächsten Episode, mit dem Einfluss der ausgeführten Sportarten und ihrem Verletzungsrisiko im Sportunterricht beschäftigen.