GUS-Insights Teil V: Einflussfaktoren auf Schulsportverletzungen (1)

Montag, 21. September 2020

In den ersten Beiträgen nach der Sommerpause widmen wir uns den Einflussfaktoren auf Verletzungen im Schulsport. Dies ist von Bedeutung, da sich – wie im ersten Teil unserer Serie bereits dargestellt – gerade in den höheren Jahrgangsstufen im Schulsport die weitaus meisten Schulverletzungen zutragen. In den folgenden Analysen greifen wir auf die Daten der vierten und fünften Erhebungswelle aus den Schuljahren 2017/18 (Befragung der 8. Jahrgangsstufe) und 2018/19 (Befragung der 9. Jahrgangsstufe) der GUS-Studie zurück.

Insgesamt interessieren wir uns für den Einfluss von fünf Merkmalen auf Verletzungen im Schulsport:

  1. die Risikobereitschaft des befragten Schulkindes
  2. seine vereinssportliche Aktivität
  3. schulsportbezogene Selbstwirksamkeitseinstellungen
  4. den Spaß des befragten Schulkindes am Schulsport sowie
  5. seinem individuellen Bedürfnis nach Bewegung

Die individuelle Risikobereitschaft wurde auf der Grundlage von zwei Aussagen erhoben, die zu einem Index zusammengefasst wurden. Diese Aussagen lauteten „Ich habe Spaß daran, gefährliche Sachen zu machen“ sowie „Ich liebe neue und aufregende Erlebnisse, auch wenn sie manchmal etwas gefährlich oder bedrohlich sind“. Die Schüler*innen wurden gebeten, beide Aussagen auf einer Fünf-Punkt-Skala von „trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft voll und ganz zu“ zu bewerten. Die vereinssportliche Aktivität wurde anhand der Zahl der Stunden erhoben, die Schüler*innen pro Woche mit Vereinssport zubringen. Die schulsportbezogene Selbstwirksamkeit erfasst, wie gut Schüler*innen mit den im Sportunterricht gestellten Anforderungen zurechtkommen. Hierfür wurden den Schüler*innen insgesamt vier Aussagen zur Bewertung vorgelegt:

  1. Im Sportunterricht fällt es mir leicht, mit neuen und schwierigen Übungen zurechtzukommen.
  2. Wenn ich im Sportunterricht eine Übung vor der Klasse vormachen soll, glaube ich, dass ich das schaffen werde.
  3. Wenn im Sportunterricht die Anforderungen ansteigen, werde ich die geforderten Leistungen kaum noch schaffen können.
  4. Im Sportunterricht kann ich auch schwierige Übungen schaffen, wenn ich mich anstrenge.

Zur Bewertung dieser vier Aussagen wurde erneut eine Skala mit fünf Antwortmöglichkeiten vorgegeben, die von „trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft voll und ganz zu“ reichte. Auch die Bewertungen dieser vier Aussagen wurden zu einem Index zusammengefasst, wobei hohe Werte eine hohe schulsportbezogene Selbstwirksamkeit signalisieren.

In der vierten und fünften Welle wurde den befragten Schüler*innen zudem noch eine weitere Aussage zur Bewertung vorgelegt, die lediglich lautete: „Der Sportunterricht macht mir Spaß“. Auch diese Aussage sollte auf der zuvor genannten Fünf-Punkt-Skala bewertet werden und wird in die folgenden Analysen ebenfalls mit einbezogen. Gleiches gilt für die zu bewertende Aussage „Ich brauche viel Bewegung“, die zusätzlich zur tatsächlichen körperlichen Aktivität des Schulkindes Informationen zu einem allgemeinen Bedürfnis nach sportlicher Aktivität abbilden soll.

Für alle fünf Merkmale wurden drei Gruppen von Schüler*innen mit niedriger, mittlerer und hoher Ausprägung gebildet und anschließend berechnet, wie viel Prozent der Schüler*innen aus den jeweiligen Gruppen in den beiden interessierenden Erhebungswellen eine Verletzung im Schulsport berichteten. In den folgenden Abbildungen sind die Ergebnisse dargestellt.


Für alle fünf Merkmale ist in beiden Erhebungswellen die identische Tendenz erkennbar: Je höher die Ausprägung des Merkmals ausfällt, desto höher ist die Verletzungsquote im Sportunterricht. Dieser Zusammenhang fällt für die Risikobereitschaft und die vereinssportliche Aktivität besonders stark aus, für die schulsportbezogene Selbstwirksamkeit, den berichteten Spaß am Sportunterricht und für das allgemeine Bedürfnis nach Bewegung hingegen etwas schwächer.

Diese Analysen vernachlässigen jedoch, dass die fünf betrachteten Merkmale untereinander zusammenhängen und sich ihre Einflüsse auf Verletzungen im Schulsport überschneiden könnten. Tatsächlich erscheinen Zusammenhänge zwischen den fünf Merkmalen hochgradig plausibel: Schüler*innen, die vereinssportlich aktiv sind, sollten beispielsweise mehr Spaß am Sportunterricht haben und auch ein stärkeres Gefühl aufweisen, den Anforderungen im Schulsport gewachsen zu sein. Daher ist es einerseits von Interesse, ob Korrelationen zwischen diesen fünf Merkmalen vorliegen (und wie stark diese ausfallen) und andererseits, wie es um die eigenständigen Effekte dieser Merkmale auf Verletzungen im Schulsport bestellt ist. Die Ergebnisse dieses nächsten Analyseschritts stellen wir in der folgenden Episode unserer Serie vor.