GUS-Insights Teil IX: Einflussfaktoren auf Schulwegeverletzungen (2)

Montag, 30. November 2020

Heute möchten wir uns erneut mit den Einflussfaktoren auf Verletzungen beschäftigen, die sich auf dem Weg von oder zur Schule zutragen. Dazu betrachten wir nun gesondert die Rolle der Dauer des Schulweges für das Verletzungsgeschehen. Die folgenden Analysen basieren auf der dritten und fünften Erhebungswelle der GUS-Studie aus den Schuljahren 2016/17 und 2018/19 (Befragungen der 7. und 9. Jahrgangsstufe) und auf unserem kombinierten Schulwegemodul, in dem wir sowohl die für den Schulweg genutzten Verkehrsmittel als auch deren zugehörige Nutzungsdauer (in Minuten) erfassen.

In einem ersten Schritt weisen wir die Verteilung der Schulwegedauer in den beiden betrachteten Erhebungswellen aus. Hierfür haben wir für sämtliche genutzten Verkehrsmittel die Nutzungszeit in Minuten aufsummiert und die Schüler*innen in fünf Gruppen mit unterschiedlicher Schulwegedauer unterteilt.

  7. Jahrgangsstufe 9. Jahrgangsstufe
bis zu 10 Minuten 24,3% 27,6%
11 bis 20 Minuten 28,7% 28,8%
21 bis 30 Minuten 19,3% 19,6%
31 bis 45 Minuten 14,9% 14,3%
46 Minuten und mehr 12,8% 9,7%

Demnach benötigt in beiden Erhebungswellen jeweils mehr als die Hälfte der befragten Schüler*innen bis zu 20 Minuten, um zur Schule zu kommen – wobei die relative Mehrheit der Schüler*innen 11 bis 20 Minuten für den Schulweg zurücklegen muss. Rund ein Viertel der Schüler*innen hat einen Schulweg von mehr als einer halben Stunde. Sowohl in der 7. als auch in der 9. Jahrgangsstufe liegt der Median des Schulwegs bei 20 Minuten, d. h. die eine Hälfte der befragten Schüler*innen benötigt bis zu 20 Minuten, um zur Schule zu kommen, die andere Hälfte hingegen mehr als 20 Minuten. Wie hängt nun, unabhängig von den genutzten Verkehrsmitteln, die Dauer des Schulwegs mit Schulwegeverletzungen zusammen? Die folgende Abbildung stellt hierzu die Verteilung von Schulwegeverletzungen nach der Schulwegdauer getrennt für die beiden Erhebungswellen dar.

Hier zeigt sich zwar kein eindeutiger Zusammenhang, jedoch fallen in beiden Erhebungswellen die Verletzungsquoten in jener Gruppe von Schüler*innen am höchsten aus, die den längsten Schulweg zurücklegen muss. Allerdings ist dieser Zusammenhang sehr schwach, was aus dem Vergleich der beiden Gruppen mit dem kürzesten und längsten Schulweg ersichtlich wird. Der Schulweg der letztgenannten Gruppe dauert um mehr als das Vierfache länger, die (über beide Wellen gemittelte) Verletzungsquote liegt jedoch um lediglich 39 Prozent höher (3,2 vs. 2,3 Prozent). Insgesamt ist der Einfluss des Schulwegs somit – unabhängig von den genutzten Fortbewegungsmitteln – geringer als jener der Verkehrsmittelwahl – unabhängig von der Dauer des Schulwegs. Ausgehend von unserer vorangegangenen Untersuchung ist jedoch denkbar, dass die Verletzungsgefahr auf dem Schulweg insbesondere dann besonders hoch ausfällt, wenn die befragten Schüler*innen lange Wege mit dem Fahrrad zurücklegen.

Um dies zu überprüfen, wurden für den letzten Analyseschritt drei Gruppen von Schüler*innen gebildet:

  1. Schüler*innen, die für ihren Schulweg nicht das Fahrrad benutzen (n=6.707 bzw. 5.761 in der 7. bzw. 9. Jahrgangsstufe)
  2. Schüler*innen, die für ihren Schulweg das Fahrrad bis zu 10 Minuten benutzen (unabhängig davon, ob sie noch weitere Transportmittel nutzen) (n=1.768 bzw. 1.624)
  3. Schüler*innen, die für ihren Schulweg das Fahrrad länger als 10 Minuten benutzen (unabhängig davon, ob sie noch weitere Transportmittel nutzen) (n=1.264 bzw. 847)

Zunächst wird in der Abbildung erneut der Haupteffekt der Fahrradnutzung darin ersichtlich, dass die Verletzungsquoten auf dem Schulweg für jene Schüler*innen beträchtlich höher ausfallen, die das Fahrrad (teilweise oder ausschließlich) für ihren Schulweg nutzen. Zusätzlich spielt auch die Dauer der Fahrradnutzung für die Wahrscheinlichkeit von Schulwegeverletzungen eine Rolle, da die Verletzungsquote umso höher ausfällt, je länger die Schüler*innen das Fahrrad nutzen. Dieser Effekt fällt bei Schüler*innen der 7. Jahrgangsstufe besonders markant aus (3,2 Prozent vs. 4,7 Prozent), ist in der 9. Jahrgangsstufe jedoch kaum noch erkennbar. Dies mag auf Alterseffekte (d.h. auf einen sichereren Umgang mit dem Fahrrad) zurückzuführen sein.

In unserer nächsten Episode werden wir uns, aufbauend auf den Erkenntnissen zum Zusammenhang zwischen Fahrradnutzung und Schulwegeverletzungen, intensiver mit dem Tragen eines Fahrradhelms beschäftigen.

Falls Sie Rückfragen zu den ausgewiesenen Analysen haben, kontaktieren Sie uns gerne unter info@fzdw.de