FZDW-Serie zur 13. Bevölkerungsvorausberechnung Teil 6

Mittwoch, 22. Juli 2015

In den bisherigen Folgen haben wir die Annahmen des Statistischen Bundesamts zu den drei zentralen Einflussgrößen auf Bevölkerungszahl und Altersstruktur vorgestellt. So formulierte die Wiesbadener Statistikbehörde jeweils zwei Annahmen zur Entwicklung der Geburtenrate, zur Lebenserwartung und zum Wanderungssaldo. Nun stellt sich die Frage, auf welche Annahmen abgestellt wird, um zu Aussagen über demografische Trends zu gelangen – und wie diese letztlich ausfallen.

Bei jeweils zwei Annahmen zu den drei Einflussgrößen sind insgesamt acht Kombinationen von Annahmen möglich. Eine solche Kombination von Annahmen zur Entwicklung der Geburtenrate, der Lebenserwartung und des Wanderungssaldos wird vom Statistischen Bundesamt als Variante bezeichnet.

Zwar kann es nützlich sein, die demografischen Trends auf der Basis aller acht Varianten zu analysieren, um bspw. ein besseres Gespür für den Einfluss der einzelnen zu Faktoren zu erhalten. Um aber die Grundlagen für die politische und öffentliche Diskussion zum demografischen Wandel und zu dessen Folgen zu liefern, bietet es sich an, nur auf einige wenige Varianten zurückzugreifen. Das Statistische Bundesamt hat sich daher auf zwei Varianten beschränkt, die sie als „Kontinuität bei stärkerer Zuwanderung“ sowie als „Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung“ bezeichnet. Beide Varianten basieren auf den identischen Annahmen zur Entwicklung der Geburtenrate und der Lebenserwartung. Hier wird zum einen eine Konstanz der Geburtenrate (Annahme G1) sowie ein weiterer Anstieg der Lebenserwartung gemäß Annahme L1 postuliert. Der Unterschied beider Varianten liegt, wie es deren Bezeichnung nahelegt, in der Annahme zur Entwicklung des Wanderungssaldos. Während die Variante „Kontinuität bei stärkerer Zuwanderung“ die Annahme W2 zugrunde legt, basiert die Variante „Kontinuität bei schwächerer Zuwanderung“ auf Annahme W1. Mit anderen Worten: Die eine Variante ist hinsichtlich des Wanderungssaldos etwas optimistischer als die andere und sollte daher eine positivere Entwicklung der Bevölkerungszahl, aber auch eine günstigere Altersstrukturentwicklung hervorrufen, da Zuwanderung die deutsche Altersstruktur tendenziell verjüngt.

In der folgenden Abbildung ist nun dargestellt, wie sich die Bevölkerungszahl in Deutschland gemäß dieser beiden Varianten entwickeln wird.

Schrumpfung.xlsx

Beide Varianten resultieren in einer Schrumpfung der Bevölkerung, die sich bei einem günstigeren Wanderungssaldo auf ca. sieben Millionen Menschen beläuft, während sie in der alternativen Variante mit 13 Millionen Menschen weitaus markanter ausfällt. Somit wird an dieser Stelle klar, dass selbst eine hohe (Netto-)Sockelzuwanderung von 200.000 Menschen pro Jahr nicht in der Lage sein wird, das natürliche Bevölkerungsdefizit zu kompensieren.

Die Schrumpfung der Bevölkerung bezieht sich jedoch nicht auf alle Altersgruppen. Dies zeigt die folgende Abbildung. Sie konzentriert sich einerseits auf die junge Bevölkerung (unter 20 Jahre). Vor allem aber betrifft sie die Altersjahrgänge der 20- bis unter 65-Jährigen. Bis zum Jahr 2060 wird sich diese Altersgruppe, die weitgehend dem Arbeitskräfteangebot entspricht, um 15 Millionen Menschen reduzieren.

Altersaufbau absolut.xlsx
Die Zahl der älteren Menschen wird dagegen, trotz einer insgesamt schrumpfenden Bevölkerung, ansteigen, und zwar durchaus beträchtlich. Zuvorderst gilt dies für die Gruppe der Hochbetagten (80 Jahre und älter). Ihre Zahl wird sich von derzeit rund 4,5 Millionen bis 2060 mehr als verdoppeln. Zwischenzeitlich werden annähernd 10 Millionen Menschen dieser Altersgruppe angehören.

Wenn die Zahl älterer Menschen wächst während zugleich die Gesamtbevölkerung schrumpft, muss dies auch einen steigenden Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung zur Folge haben. Abschließend ist dies in der folgenden Abbildung dokumentiert:

AltersaufbauBalken.xlsx

Zählt im Basisjahr 2014 noch rund jeder fünfte Deutsche zur Bevölkerung über 65 Jahre, so wird dies im Jahr 2060 schon auf etwa jeden dritten Deutschen zutreffen. Die beiden zentralen demografischen Trends – Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung – sind somit aus den Ergebnissen der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung klar ersichtlich.

Damit endet unsere Serie zur aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung. Derzeit warten wir auf die Ergebnisse der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnungen der Statistischen Landesämter, die für den Herbst angekündigt sind. Sobald diese Resultate vorliegen, werden wir uns wieder den regionalen demografischen Entwicklungstrends widmen.