Was wir wirklich über Asylsuchende wissen Teil II
Mittwoch, 17. Februar 2016
Was wir über Asylsuchende wissen, können wir der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entnehmen. Sie verrät uns, wie viele Asylanträge in einem bestimmten Zeitraum gestellt wurden und aus welchen Ländern jene Menschen vornehmlich stammen, die einen Asylantrag gestellt haben. Auch wird ausgewiesen, wie die Entscheidungen von jenen Asylanträgen, die in dem ausgewiesenen Zeitraum bearbeitet wurden, ausgefallen sind. Was also wissen wir auf dieser Grundlage nun über Asylsuchende in Deutschland?
Zunächst einmal beläuft sich die Zahl gestellter Asylerstanträge im Jahr 2015 auf rund 440.000. Das bedeutet jedoch nicht, dass im Jahr 2015 etwas weniger als eine halbe Millionen Menschen als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Tatsächlich sind es erheblich mehr – die Rede ist häufig von rund einer Millionen. Die Abweichung lässt sich dadurch erklären, dass viele Flüchtlinge, die bereits in Deutschland sind, ihren Asylantrag noch nicht stellen konnten, da bei den Außenstellen des BAMF lange Wartezeiten anfallen.
Blickt man auf die Herkunftsländer, so dominierten im Jahr 2015 Erstanträge von Menschen aus Syrien (knapp 160.000), Albanien (knapp 54.000), dem Kosovo (33.000), Afghanistan (31.000) und dem Irak (29.000). Weitere 17.000 Erstanträge wurden von Menschen aus Serbien gestellt, 11.000 von Menschen aus Eritrea. 9.000 Erstanträge entfallen darüber hinaus auf Mazedonien, 8.000 auf Pakistan. Bei 12.000 Asylanträgen ist die Herkunft der asylsuchenden Person ungeklärt.
Umfasst der Berichtszeitraum jedoch nicht das gesamte Kalenderjahr, sondern nur einzelne Monate, so wird deutlich, dass sich hinter der Jahresbilanz eine hohe Dynamik verbirgt. Im Dezember beispielsweise machten Asylerstanträge aus Albanien, dem Kosovo, aus Serbien oder Mazedonien zusammen weniger als ein Zehntel aller in diesem Monat gestellten Anträge aus. Im Juni war es dagegen mehr als zwei Drittel aller Anträge. Umgekehrt betrug der Anteil von Erstanträgen von Menschen aus Syrien im Sommer lediglich knapp zehn Prozent, im Dezember hingegen deutlich mehr als die Hälfte.
Markante Unterschiede je nach Herkunftsland zeigen sich auch mit Blick auf die Entscheidungen: Im Jahr 2015 wurden 22 von insgesamt 102.000 Erstanträgen, die Menschen aus Syrien gestellt haben, abgelehnt. Das entspricht 0,02 Prozent. Bei Anträgen von Menschen aus dem Irak liegt die (Ablehnungs)Quote mit 0,9 Prozent etwas, bei Menschen aus Afghanistan mit 14,8 Prozent dagegen schon deutlich höher. Mehrheitlich abgelehnt werden Erstanträge auf Asyl von Menschen aus den sogenannten Balkanstaaten: So wurden 88 Prozent aller Anträge von Menschen als Albanien abgelehnt. Eine ähnliche Quote weisen Anträge aus dem Kosovo (91,5 Prozent), aus Serbien (87,3 Prozent) und aus Mazedonien (87,6 Prozent) auf.
Schließlich finden sich in der Publikation „Aktuelle Zahlen zu Asyl“ des BAMF Informationen zur Altersstruktur jener Flüchtlinge, die bereits einen Asylantrag gestellt haben. Im Januar 2016 waren bspw. fast drei Viertel (71,6 Prozent) der Antragsteller jünger als 30 Jahre. Nur knapp vier Prozent der Flüchtlinge waren dagegen älter als 50 Jahre.
Weitere Informationen über Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, liegen dagegen kaum vor. Angaben zu Bildungs- oder Berufsabschlüssen im Herkunftsland bspw. erfolgen auf freiwilliger Basis – und wenn sie gemacht werden, so stellt sich stets die Frage nach der Vergleichbarkeit mit Abschlüssen im Aufnahmeland. Daher ist das Bestreben groß, Informationen über die Kompetenzen der Flüchtlinge zu erhalten. Hierzu werden zwar immer wieder Vermutungen geäußert. Auf eine wissenschaftlich fundierte Datenbasis kann aber eigentlich niemand so recht zurückgreifen. Vielmehr bräuchte es hierfür eine repräsentative Befragung von Menschen, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Dies gestaltet sich aber enorm schwierig. Warum dies so ist, das erläutern wir in den kommenden beiden Wochen. Bis dahin wünschen wir Ihnen wie immer eine gute Zeit!