Armutsgefährdungsquote in Frankfurt: 15, 17 oder 19 Prozent?
Donnerstag, 20. November 2014
In seiner gestrigen Pressemitteilung hat das Statistische Bundesamt die Armutsgefährdungsquoten für die Bundesländer mitgeteilt. In Hessen ist demnach die Quote von 13,3% (2012) auf 13,7% (2013) marginal gestiegen. Zugleich publizierte das Bundesamt Armutsgefährdungsquoten für regional tiefer gegliederte Gebietseinheiten, so auch für die deutschen Großstädte. Blickt man auf die Quote für die Stadt Frankfurt, so kursieren hier drei unterschiedliche Werte von 14,7%, 17,1% und 19,0%. Nimmt man nun einfach den Wert, welcher der eigenen Argumentation am besten entspricht? Oder gibt es doch einen richtigen Wert?
Die Antwort auf diese Frage ist nicht ganz trivial. Armutsgefährdung ist in der amtlichen Statistik nämlich ein relatives Konzept, d. h. als arm gilt jemand, der über ein (deutlich) geringeres Einkommen verfügt als die Menschen in seiner Umgebung. Von entscheidender Bedeutung für die Höhe der Armutsgefährdungsquote ist nun, welche Menschen in der Umgebung des Menschen betrachtet werden. So kann, wie im vorliegenden Fall, die Armutsgefährdungsquote für die Stadt Frankfurt berechnet werden, indem das Einkommen eines Frankfurter Haushalts mit dem Einkommen aller Frankfurter Haushalte verglichen wird. Dann kommt man auf die Quote von 19,0%. Man kann die Einkommensverhältnisse der Frankfurter Haushalte aber auch mit den Einkommen der hessischen Haushalte oder aber der bundesdeutschen Haushalte vergleichen. Je weiter man sich von der Stadt Frankfurt als Vergleichsmaßstab entfernt, desto geringer fallen die Armutsgefährdungsquoten aus. Der Grund hierfür ist relativ simpel: Die Einkommen in der Stadt Frankfurt liegen höher als die hessischen Einkommen und um nochmals ein Stück höher als die mittleren bundesdeutschen Einkommen. Dies hat zur Folge, dass die Armutsgefährdungsschwelle auf der Grundlage der Landes- und Bundeseinkommen niedriger ausfällt. Greift man dagegen auf die Einkommen aller Frankfurter Haushalte zurück, um auf dieser Grundlage die Armutsgefährdungsquote zu berechnen, so wird diese Quote zusätzlich durch eine höhere Einkommensungleichheit forciert, die für Großstädte charakteristisch ist.
Insgesamt erscheint es sinnvoll, jene Armutsgefährdungsquote zu berichten, die sich an einem Vergleich mit einer möglichst tief gegliederten regionalen Gebietseinheit orientiert – in diesem Fall also die Einkommen der Frankfurter Haushalte zum Maßstab nimmt. Dies gilt, da sich in diesen Einkommen auch regionale Charakteristika, wie z. B. die variierenden Lebenshaltungskosten oder Merkmale des regionalen Arbeitsmarkts, widerspiegeln. Demnach gelten also 19,0% der Frankfurter Bevölkerung als arm bzw. armutsgefährdet.
Die Armutsgefährdungsquote berechnet sich als Anteil derjenigen Personen, die über ein bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen verfügen, das weniger als 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Pro-Kopf-Einkommens beträgt. Die Kalkulation von Armutsgefährdungsquoten auf dieser Grundlage ist jedoch umstritten, da sie aufgrund ihrer Konfundierung mit sozialer Ungleichheit zu problematischen Ergebnissen führen kann. Würden bspw. alle Frankfurter Haushalte in etwa das gleiche Einkommen aufweisen, so gäbe es in Frankfurt keine armutsgefährdeten Menschen. Dies gelte selbst dann, wenn das Einkommen aller Frankfurter Haushalte einen sehr niedrigen mittleren Wert annehmen und somit eine offenkundige Armut in der Stadt existieren würde.
Nicht zuletzt aufgrund dieser problematischen Definition von Armut ist das FZDW in Zusammenarbeit mit Masterstudierenden des Studiengangs Forschung in der Sozialen Arbeit (MASA) aktuell in der Auswertungsphase eines Projekts, das die subjektive Dimension von Armut stärker in den Fokus rückt. In Kürze werden die ersten Ergebnisse erwartet, über die wir an dieser Stelle ausführlich berichten werden.